Präventive Restrukturierung StaRUG in Deutschland & URG in Österreich

Krisen erkennen, Krisen bannen

Ihr Weg zurück zum Erfolg

 

Krisenfrüherkennung und präventiver Restrukturierungsrahmen - Was braucht es, was bringt es und wie kann man es clever nutzen?

 

Die frühzeitige Erkennung von Krisen ist essenziell, um Unternehmen vor schwerwiegenden finanziellen und operativen Problemen zu bewahren. Genau hier setzt der präventive Restrukturierungsrahmen an. Mit Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt im Dezember.2020 des Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetzes, (SanInsFoG) und seit Januar 2021 müssen sich Geschäftsführer, Shareholder und Stakeholder mit den geltenden Gesetzen und dem Sanierungsinstrument der präventiven Restrukturierung (abgekürzt „StaRUG“, Gesetz zur Stabilisierungs- und Restrukturierungsgesetz von Unternehmen) auseinandersetzen. Wer sich damit auseinandersetzt, erkennt darin zusätzliche Restrukturierungsoptionen für einen wirksamen Turnaround.

In Österreich als "URG" (Unternehmensreorganisationsgesetz). Mit dem "IRÄG" 1997 (Insolvenzrechtsänderungsgesetz 1997) sollten Maßnahmen zur Insolvenzprohylaxe und -bewältigung geschaffen werden. In Bezug auf Kapitalgesellschaften erfährt es eine Erweiterung als verbindliches Frühwarnsystem, in dem an das Ignorieren der negativen Indikatoren rechtliche bzw. finanzielle Konsequenzen geknüpft sind.

Krisenfrüherkennung

Hinsichtlich der Krisenfrüherkennung wird die Verantwortung der Geschäftsführung zur Implementierung eines Krisenfrüherkennungssystems klargestellt und verdeutlicht. Grundsätzlich müssen Geschäftsführungs- und Überwachungsorgane prüfen, ob und wieweit ihre bereits vorhandenen Prozesse zur Krisenfrüherkennung einen Prognosezeitraum von 24 Monaten so überwachen können, dass eine in diesem (langen) Zeitraum drohende Zahlungsunfähigkeit erkannt wird. Das ist gesetzliche Anforderung.

Die Geschäftsführung ist verpflichtet:

  • Entwicklungen, die zur Bestandsgefährdung führen können, zu überwachen (Pflicht zur Früherkennung)
  • geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen (Pflicht zur Krisenabwehr/-bewältigung)
  • den Aufsichtsrat, Beirat oder Gesellschafterorgane zeitnah zu informieren (Pflicht zur Information)

Restrukturierungsrahmen

Die vorinsolvenzliche Sanierungspraxis in Deutschland wird um ein weiteres interessantes Werkzeug ergänzt. Mit dem präventiven Restrukturierungsrahmen steht erstmals ein gesetzlich reglementiertes Set an Instrumenten zur Verfügung, mit deren Hilfe Sanierungen gegen den Willen einzelner Gläubiger ermöglicht werden – und zwar auch außerhalb der Insolvenz.

Allerdings müssen zuerst die folgenden fünf Fragen „richtig“ beantwortet werden, um diese neue Option zielführend einsetzen zu können.

  1. Liegt schon ein ganzheitliches leistungswirtschaftliches Unternehmens- bzw. Restrukturierungskonzept vor?
  2. Leidet das Unternehmen unter einer zu hohen Schuldenlast und muss es daher insbesondere auch die Passivseite seiner Bilanz restrukturieren?
  3. Ist das Unternehmen in den nächsten 24 Monaten drohend zahlungsunfähig?
  4. Gibt es bereits Obstruktion, also die Blockade eines potentiellen Restrukturierungsplans, oder ist so etwas zu erwarten?
  5. Kann durch den Einsatz der StaRUG-Instrumente und unter Berücksichtigung der relevanten Interessen bzw. Beiträge der Stakeholder eine Lösung herbeigeführt werden?

Können diese Fragen bejaht werden, bietet das StaRUG gegenüber den bisherigen Verfahren neue und sehr interessante Lösungswege – insbesondere durch die Möglichkeit, Minderheiten bei den Gläubigern (vor allem „Akkordstörer“) oder blockierende Gläubigergruppen zu überstimmen.

Um allerdings die nichtsdestotrotz notwendige Unterstützung einer Mehrheit der Gläubiger zu erreichen, wird nach wie vor ein ganzheitliches, nachvollziehbares und belastbares Turnaround-Konzept benötigt werden, denn die Mehrheit der Gläubiger muss von der Sinnhaftigkeit und den Erfolgschancen der Sanierung überzeugt werden. Gewährleisten lässt sich dies durch frühzeitige, neutrale und ganzheitliche Beratung, um das Restrukturierungsvorhaben – ob mit oder ohne StaRUG – erfolgreich umzusetzen.

Was steht beim StaRUG im Fokus?

1. Die Feststellung einer drohenden Zahlungsunfähigkeit nach § 18 InsO. Diese gilt als Voraussetzung, um innerhalb der nächsten 24 Monate (auf der Basis einer belastbaren Liquiditätsplanung)  das StaRUG anwenden zu können. Das sanierte Unternehmen hat kein „Insolvenzstigma“ gegenüber Kunden, Lieferanten, Mitarbeiter und sonstigen Stakeholdern

2. Alle Maßnahmen in der Gänze zur nachhaltigen Beseitigung der drohenden Zahlungsunfähigkeit und zur Wiederherstellung der Marktfähigkeit. Das Herzstück dieser Sanierung ist somit ein wertorientiertes Turnaround-Konzept.

3. die Umsetzung des Restrukturierungsvorhabens im Rahmen des StaRUG setzt eine kluge Ausgestaltung des Restrukturierungsplans voraus, da dieser Plan wesentlicher Bestandteil des Restrukturierungsrahmens ist. Neben der Ausarbeitung und Dokumentation eines überzeugenden Turnaround-Konzeptes sind folgende Punkte sorgfältig vorzubereiten:

  • Die Identifikation und die Aufarbeitung der objektiven Handlungsbedarfe
  • Die Auswahl der zu gestaltenden Forderungen und die Einteilung der Planbetroffenen in qualifizierte Gruppen. Für die Annahme des Restrukturierungsplans reichen 75 % Zustimmung der einbezogenen Gläubiger in der gebildeten Gläubigerklasse; Demzufolge können Minderheitsgläubiger die Sanierung nicht behindern
  • Die Erstellung einer „fairen“ Vergleichsrechnung zu den Befriedigungsaussichten „mit Plan“ versus „ohne Plan“

Grundsätzlich können fast alle „begründeten“, also bereits bestehenden Forderungen gestaltet werden (wobei allerdings u. a. Eingriffe in Arbeitnehmerforderungen ausgeschlossen sind):

  • Keine Eingriffsmöglichkeit in Arbeitnehmerverträge und Pensionsverpflichtungsvereinbarungen

nicht aber zukünftige Forderungen – eine Beendigung nachteiliger Vertragsverhältnisse ist damit ausgeschlossen. Die zu gestaltenden Forderungen sind in Einklang mit einem ganzheitlichen Konzept zu bringen sowie in geeignete Gruppen einzuteilen – dies ist insbesondere bei der „Überstimmung“ möglicher Akkordstörer entscheidend.

Krisenpläne und professionelle Krisenfrüh­erkennungs­systeme

Studien haben ergeben, dass Unternehmen mit einem Krisenplan nach einem disruptiven Ereignis deutlich besser dastehen als unvorbereitete Wettbewerber. Krisenpläne bilden die Grundlage für ein effektives Krisenmanagementprogramm: Sie bieten Struktur und Orientierung, um die Herausforderungen plötzlich eintretender Ausnahmesituationen souverän zu bewältigen. Wir helfen Ihnen bei der Erstellung von Krisenplänen, die jeweils auf Ihre Erwartungen, Bedürfnisse, Ihr Betriebsumfeld und Ihre Unternehmenskultur abgestimmt sind.

Ein Krisenfrüherkennungssystem muss gewährleisten, dass die Anzeichen einer Stakeholder-, Strategie-, Produkt-/Absatz-, Ertrags- oder Liquiditätskrise frühzeitig wahrgenommen, und die daraus resultierenden Risiken bewertet werden können. Die Auswahl geeigneter Kennzahlen und die Darstellung im Rahmen eines Management-Informationssystems sind entscheidend. Basis für die Bewertung ist eine rollierende 24-monatige, eine vollintegrierte (GuV, Bilanz und Cashflow) Unternehmensplanung sowie eine daraus abgeleitete Liquiditätsplanung. Diese sollte die möglichen Risiken angemessent berücksichtigen und idealerweise im Rahmen von Szenariorechnungen abbilden (Best, Base und Stress - Worst Case).

Liquiditäts-Monitoring

Aktives Cash Management ist ein Gamechanger. Gerade in Zeiten vielfältiger Umbrüche (VUCA) und einer nie dagewesenen Unsicherheit über wirtschaftliche Entwicklungen und Trends verkennen Unternehmen noch immer die Vorteile einer konsequenten Liquiditätsplanung und -steuerung.

  • Rollierende Liquiditätsplanung
  • Monitoring allgemeiner und branchenspezifischer Kenngrößen (Zahlungszielveränderungen, Nutzung von Skonto etc.)

Mögliche Anzeichen für eine sich anbahnende Stakeholder-Krise

  • Keine langfristige Prolongation von Kreditlinien
  • Änderungen im Lieferantenverhalten, Probleme mit Warenkreditversicherung
  • Anstieg der Krankenquote
  • Höhere Mitarbeiterfluktuation

Überwachung der Profitabilitätsentwicklung

  • Rohertragsverlust
  • Sinkende Rentabilität
  • Sinkende Personalproduktivität
  • Sinkende Eigenkapitalquote
  • Weitere branchen- und unternehmensspezifische Kenngrößen

Hinweise auf (disruptive) Änderungen im Markt- und Wettbewerbsumfeld

  • Veränderung von Marktanteilen
  • Neueintritt oder auch Austritt von Wettbewerbern
  • Generelle Marktentwicklungen
  • Substitutionsrisiken
  • Veränderungen des Kaufverhaltens

Was steht beim URG im Fokus?

Kriterien für den Reorganisationsbedarf

Ein Reorganisationsbedarf wird insbesondere bei einer „vorausschauend feststellbaren wesentlichen und nachhaltigen Verschlechterung der Eigenmittelquote“ (weniger als 8 %) und einer fiktiven Schuldentilgungsdauer von über 15 Jahren vermutet.

Ablauf des Verfahrens

Zur Einleitung des Verfahrens muss der Unternehmer glaubhaft machen bzw. anhand von Jahresabschlüssen belegen können, dass das Unternehmen nicht insolvent ist und o.g. Kriterien vorliegen. In weiterer Folge ist ein entsprechender Reorganisationsplan auszuarbeiten, der die Ursachen der wirtschaftlichen Schieflage des Unternehmens sowie jene Maßnahmen, die zur Verbesserung der Vermögens- Finanz- und Ertragslage geplant sind, und deren Erfolgsaussichten darstellt. Begleitet wird dieses Verfahren von einem durch das Gericht bestellten Reorganisationsprüfer.